Ein Ei der Rekorde – dieses Posting ist das erfolgreichste ever bei Instagram. (Bild: Instagram)
Zum zehnjährigen Instagram-Jubiläum haben wir uns mit Experten die erfolgreichsten Konten und Postings angesehen. Warum funktioniert Instagram bei bestimmten Themen besonders gut?
Jedes soziale Netzwerk hat seine Eigenheiten und speziellen Funktionsweisen. Instagram, das am 6. Oktober 2010, also vor genau zehn Jahren, vorgestellt wurde (auch wenn das erste Posting bereits am 16. Juli durch Instagrams CEO und Mitbegründer Kevin Systrom gepostet wurde), hat auf der Bildebene die Entwicklung der sozialen Medien geprägt wie wohl kaum eine andere Plattform.
Der wirtschaftliche Impact, den das Netzwerk inzwischen erreicht hat, beeindruckt: 2019 nahm Instagram erstmals mehr als zehn Milliarden US-Dollar ein und kann dabei mehr als eine Milliarde monatlich aktive Nutzer vermelden. Über sechs von zehn Nutzern sind täglich aktiv. Vor allem aber ist Instagram ein soziales Netzwerk der jüngeren Nutzer: Selbst angesichts der inzwischen weiten Verbreitung, die nahelegt, dass sich die Nutzerschaft immer weiter an die Durchschnittsbevölkerung anpasst, sind immer noch 90 Prozent unter 35 Jahren.
Insgesamt wurden in den letzten Jahren über 40 Milliarden Fotos geteilt und pro Tag (!) 3,5 Milliarden Likes vergeben. Betrachtet man die reichweitenstärksten Postings der letzten Jahre, lassen sich ein paar bemerkenswerte Gemeinsamkeiten finden. In vielen Fällen geht es um Influencer (und noch häufiger um Influencerinnen), an deren teilweise vor allem durch das soziale Netzwerk bekanntem Leben wir teilhaben.
Und doch ist das Posting mit der absolut stärksten Reichweite ein anderes: das World Record Egg, das mit mehr als 54 Millionen Likes für Furore sorgte. „Dieses Beispiel zeigt die Kraft der Instagram-Community“, erklärt Sebastian Niemann, Chief Operating Officer der Eqolot (bekannt vor allem unter dem ehemaligen Namen Blogfoster). „Die Herausforderung war, das bis dahin erfolgreichste Posting von Kylie Jenner abzulösen – und das ist der Instagram-Community auf beeindruckende Weise gelungen.“ Die Kunst sei es, so erklärt Niemann weiter, die Community schnell zu aktivieren. „Dazu braucht man entweder etwas Werbebudget oder man nutzt Influencer, die eine Aktion direkt bekannt machen.“ Doch ohne eine Idee, die zu dieser Mechanik passt, geht all das nicht – sie ist schließlich mehr als nice to have. Denn der überraschende und zur Community passende Inhalt könne sich gerade auf der bildgetriebenen Plattform Instagram immer durchsetzen und potenziell erfolgreich sein.
Instagram transportiert immer öfter auch Haltung
Marlies Bayha, Executive Creative Director bei der Münchner Agentur Territory Webguerillas, nennt einen anderen Rekord, auf dessen Basis sie die Funktionsweise von Instagram illustriert: Der 94-jährige Tierfilmer David Attenborough hat erst Ende September innerhalb von weniger als fünf Stunden eine Million Follower bei Instagram neu dazu gewonnen. Ein neuer Weltrekord, da er den Kanal erst frisch gestartet hat.
Sein erstes Posting erreichte gleich über 17 Millionen Abrufe. „It’s about Purpose, Baby“, erklärt Bayha und hebt damit noch auf ein anderes Element ab, das bei Instagram zunehmend wichtig wird. „Trotz allem Shine und makelloser Selbstdarstellung hat gerade auch die junge Generation das Bedürfnis nach Purpose …. Das Verlangen nach dem Gefühl, das Richtige zu tun, zu liken und zu teilen – und sei es um seiner selbst willen.“ Auch wenn es dabei um die Selbstinszenierung in einer Welt zwischen Smoothies, Duckfaces, Lippenstift und Sneakern gehe, beweise die jüngere Generation, dass ihr eben nicht alles gleichgültig ist. Offen bleibt, ob das Ziel ist, das öffentlich unter Beweis zu stellen oder ob das aus einem ehrlich altruistischen Impuls heraus erfolge. „Aber das spielt auch keine Rolle“, meint Bayha.
Das Video, um das es dabei geht, wirke authentisch und komme ohne viel Schnickschnack, professionelles Studio-Setting oder eine Hochglanz-Produktion daher. „Zusätzlich kommt es unglaublich gut an, weil Attenborough mit einer solchen Ernsthaftigkeit und Leidenschaft an sein Werk geht. Vor allem bei der ganzen Oberflächlichkeit, Schnelllebigkeit und Unverbindlichkeit begeistert echter Einsatz für ein Herzensthema wie dieses einfach jeden.“
Gleichzeitig ist Attenboroughs Einstand aber auch ein Zeichen dafür, dass man einen solchen Erfolg nur begrenzt planen kann – und möglicherweise in derselben Nachhaltigkeit auch nicht nachbauen oder wiederholen kann. Denn eines zeigen gerade Instagram-Videos immer wieder: So schnell eine Person dort Starkult, Aufmerksamkeit und Reichweite erreicht, so schnell kann der ganz große Rummel auch wieder vorbei sein. Was bei David Attenborough noch hinzukommt: Tiere gehen in sozialen Netzwerken immer, da ist Instagram keine Ausnahme.
Instagram idealer Kanal für Steigerung der Markenbekanntheit
Davon abgesehen ist für Sebastian Niemann von Eqolot Instagram der ideale Kanal, wenn es darum gehe, Markenbekanntheit zu steigern. „Die hohe Aktualität der Inhalte ermöglicht einen intensiven Kontakt insbesondere zwischen Influencern und ihrer Community. Influencer auf Instagram wissen, wie man visuelle Inhalte erstellt, die Produkte authentisch in Szene setzt“, erklärt der COO. Zudem biete das soziale Netzwerk den Vorteil, sehr kurzweilig zu sein und die Zielgruppe direkt anzusprechen. „Wir haben durch die unterschiedlichen Formate (Posting, Story, Reels) die Möglichkeit, Inhalte passend zu transportieren. Der starke Bezug zwischen Influencer und Community bietet hier eine wunderbare Grundlage fürs Storytelling.“
Ob wir auch in weiteren zehn Jahren noch von Instagram sprechen werden, bleibt abzuwarten. Zumal beispielsweise Tiktok gerade bei jüngeren, schnell agierenden Zielgruppen in mancher Hinsicht Instagram den Rang abläuft. Was beide gemeinsam haben, ist das schnelle Aufsaugen aktueller Trends sowie das hohe Engagement der Community. Immerhin versucht Instagram mit Reels, Tiktok-ähnliche Features zu etablieren – wie erfolgreich das auf Dauer sein wird, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht sagen. Dass Instagram seinen Zenith bereits überschritten haben könnte, daran glaubt Niemann dennoch nicht: „Kritisch zu sehen ist allerdings die steigende Werbedichte, sowohl durch Influencer als auch durch Paid Social, die kombiniert mit Änderungen im Algorithmus zu einem stetigem Rückgang dieses Engagements führen.“
Quelle: t3n